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Tanzübungen

Wanderer
13. Mai 2012 13:32
Kratzig klang es als Wilfer´s Bogen über die Saiten der alten Fidel strich und dieser leidlich schöne Töne entlockte. Tadelnd aber gleichzeitig mit einem Schmunzeln auf den Lippen sah Clarina ihn an. „Wenn du den Hof so führen würdest, wie dein Gefidel gut ist, müssten wir bald Hunger leiden“. Alle im Hof mussten lachen.
Außer Wilfer und seiner Frau Clarena waren da noch Vinjuscha, die zwar nicht mehr ganz junge, aber doch quietschfidele und recht ansehnliche Stallmagd, sowie Caihum, der Sohn Wilfer´s und Clarena`s. Caihum erhielt auf Betreiben seiner Mutter einige Tanzstunden, da sie der Ansicht war, dass es Caihum dereinst zugute kommen könne, mit den Füßen mehr anzufangen, als der Tanzpartnerin auf eben diesen herumzutrampeln.

Mit einer wegwerfenden Geste grinste Wilfer zu seiner Frau. „Clarena, du weißt doch gar nichts über die hohe Kunst des Fidelspiels. Das gehört so, glaube mir... einem Meister dieser Kunst“. Schmunzelnd wandte sich Clarena wieder an Caihum. „Ich hätte gedacht, du würdest dich ungeschickter anstellen. Aber ob Sturmdreher, Caihumereigen oder Liebtanz, du hast die Folge der Schritte schnell erfasst. Schneller jedenfalls als dein Vater....“ Schelmisch lachte Clarena zu Wilfer, der, die Lippen schürzend, so tat, als hätte er nichts gehört.
Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Caihum. Ein liebevoller Blick streifte ihren Sohn und sanft klang ihre Stimme. „Wenn du die Musik verstehst, deine Beine sich in ihrem Rhythmus bewegen, dann wirst du nicht straucheln und dir weh tun. So wie im ganzen Leben. Verstehst du?“ Caihum mit seinen 17 Jahren wurde ganz verlegen. Selten sprach seine Mutter so vor anderen auf diese Weise mit ihm. Daher nickt er einfach nur zu ihren Worten.

Vinjuscha ergriff nun das Wort und brach damit die kurz aufkommende Stille. „Deine Mutter hat mich gebeten, dir sozusagen die Prüfung abzunehmen. Das will ich gerne tun.“ Süffisant sah sie Caihum an und winkte ihn mit der rechten Hand wedelnd zu sich. Wie um die Aufforderung zu unterstreichen, strich Wilfer einmal quer über die Saiten.

Caihum sah Vinjuscha mit gemischten Gefühlen an. Er hatte sie noch nie tanzen sehen. Sie hatte eine recht zupackende Art und die Aussicht in ihren Armen wie ein Strohmännchen hin und hergeworfen zu werden, war nicht gerade verlockend.

Zögernd bewegte er sich auf sie zu und sah dabei hilfesuchend zu seiner Mutter. „Wir beginnen mit dem Caihumereigen und ich werde dabei mit euch tanzen“, meinte diese und warf Wilfer einen auffordernden Blick zu. Nachdem sie Aufstellung genommen hatten, begann dieser eine ruhige Melodie in einem Dreiertakt zu spielen. Dazu bewegten sich Clarena, Vinjuscha und Caihum mal vor und zurück. Mal drehten sie sich gleichzeitig, dann wieder neigten nur zwei sich zu und drehten sich Seit an Seit und Arm in Arm, während der Dritte abwartete. Als Wilfer die Melodie beendete blieben alle stehen. „Na also“, meinte Vinjuscha. „Das fing doch schon gut an. Und jetzt den Sturmdreher.“ Sogleich begann Wilfer ein Lied in rhytmisch fließender Art zu spielen und mit den Füßen dazu einen Vierertakt zu schlagen. Ohne lange zu fackeln packte Vinjuscha Caihum bei den Händen und begann sich juchzend mit ihm im Kreise zu drehen. Caihum hatte alle Mühe der wilden Vinjuscha zu folgen. Aber es gelang ihm nach wenigen Sekunden den Rhythmus aufzunehmen und Vinjuscha das notwendige Gegengewicht zu bieten. Mit einem gewagten Strich des Bogens nach oben, beendete Wilfer das Stück und die beiden Tänzer blieben heftig atmend stehen, wobei beide den Eindruck hatten, die Erde würde noch ein wenig weitertanzen.

Zuletzt spielte Wilfer eine Weise im Zweiertakt, zu der man den Liebtanz tanzen konnte. Dazu fasste Caihum Vinjuschas linke Hand und legte gleichzeitig seine Rechte an ihre Taille. Dann bewegten sie sich im Takt der Musik, vor und zurück. Beizeiten drehten sie sich auch. Der Tanz schien Elemente aus allen anderen Tänzen zu haben und war doch seinem Wesen nach ruhig und so ausgerichtet, dass die Tänzer sich stets ansahen, was seinem Name alle Ehre erwies. Vinjuscha schien den Tanz in vollen Zügen zu genießen. Caihum dagegen musste sich auch bei diesem recht konzentrieren um keinen Fehltritt zu tun oder sonst aus dem Takt zu geraten. Nachdem die Melodie endete, lösten sie die Tänzer voneinander und Caihum sah Vinjuscha abwartend an. „Nun...“ verkündete Vinjuscha mit erhobenem Kinn und in vornehmen Tonfall „meinen Segen hast du Caihum. Ich erteile dir hiermit die Erlaubnis an allen öffentlichen Tänzen teilzunehmen“. Und weniger Vornehm, dafür halb lachend fügte sie hinzu „Deine Fähigkeiten führen zumindest zu keinen Schäden mehr an deiner Tanzpartnerin“.

Der letzte Satz ließ Wilfer, Clarena und Caihum auflachen und gemeinsam gingen sie vom Hof zurück zum Haus.






Ein Dutzend verlogener Komplimente ist leichter zu ertragen als ein einziger aufrichtiger Tadel..
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Wanderer24413. Mai 2012 13:32



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