Auf dem Rücken ihres stattlichen Pferdes trabte Kylia über den Handelsweg gen Cove. Das schattenspenden Blätterdach des Waldes hatte sie vor wenigen Augenblicken hinter sich gelassen und die Strahlen der Sommersonne trafen nun ungehindert auf das dunkle Metall ihrer Rüstung. Die kleinen Runen und Intarsien im Metall warfen kleine Schatten und das leichte metallische Geräusch der Plattenteile untermalte den monotonen Trott der großen Hufe auf dem staubigen Weg.

Zufrieden und erleichtert betrachtete die Paladiness die eifrig spießende Saat auf den Feldern und die emsigen Bäuerinnen bei ihrer Arbeit. Wie ein grauer Schleier, fast wie ein ferner Nebel, schossen ihr Erinnerungsfetzen an die Gefahren zu Beginn des Jahres zu durch den Kopf. Gerade trieb ein jungen Mädchen eine kleine Gruppe gackernder Hühner über den Weg, als Kylia sich erinnerte wie die Schwestern im Ratssaal beieinander gesessen hatten, noch im tiefen Winter, und sich um Cove gesorgt hatten:
Was wenn der Feind die wehrlose Stadt attackiert um uns zu einer Handlung zu zwingen?
Was wenn es nach Vesper nun Cove erwischt?
Kann das Land noch eine Katastrophe ertragen?
All diese Fragen hatten die Schwestern damals diskutiert und sich gemeinsam entschlossen, nun wo die Schwesternschaft eine neue Heimat gefunden hatte, sich für die Stadt einzusetzen. Das Herbstfest zu Ehren Caihumes war einst ein erster Auftakt gewesen, noch bevor das Übel seine finstren Klauen nach der Alten Welt ausgestreckt hatte.

Den Kopf leicht senkend, eher aus Reflex, als dass es wirklich nötig sei, durchritt Kylia das Stadttor und lenkte den Hengst gen Ulfan. Die Vorräte an Cover Wein in der Mondschänke waren knapp geworden und Kylia wollte, neben der Bestellung, die neuesten Nachrichten und Gerüchte aus Cove hören. Für dieses Unterfangen gab es niemand Besseren als Ulfan.

Die Sonne senkte sich gen Erdboden als Kylia Cove wieder verlassen hatte. Der Tag war wie ein Atemzug vergangen. Trotz der herben Verluste durch die Seuche, schien Cove sich in diesem Sommer zu erholen. Eine ausreichende Aussaat und die Ruhe im Lande schien der Stadt zum Gedeihen zu verhelfen. Kylia verließ gerade den schmalen Handelspfad gen Cove, um auf die Handelstraße gen Grenzlande einzuschlagen, als sich ein freudiges Lächeln auf ihre Lippen zauberte. Im Licht des Abends erkannte sie Thara und zwei weitere Schwestern, welche eifrig diskutierend dabei waren einige Bäume zu markieren und lautstark zu planen. Vom Rücken ihres Pferdes rief die Paladiness: „Beginnen wir nun mit der Ausbesserung des Handelsweges gen Cove, Thara?“, die Gefragte quittierte dies mit einem lauten Lachen und einem fast belustigt klingenden: „Ich habe in Minoc einen ganzen Hafen gebaut, da wird dieser Weg ein Leichtes sein, Schwester!“.