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Verstaubte Erinnerung

Lenz Jauche
09. April 2022 19:36
„Leeeeeeennnnnz, hast duuhhuuuuu die Kammer endlich aufgeräääuuumt!?“, schrie Resi aus der guten Stube und warf mit einem lauten Platscher eine geschälte Kartoffel in den Kochtopf. Vor geraumer Zeit schickte sie nämlich Lenz zur Dachkammer um den alten Mief der vergangenen Monde, ja Äonen auszumisten.

Es verging kaum ein Tag, an dem sich nicht ihr Göttergatte Kehrwicht an etwas stieß oder stolperte und tobend die knarrenden Stufen hinab stampfte.

Es geschah niemals lautlos, oh nein, nicht bei Kehrwicht.

Während er die schlimmsten Schimpftriaden von sich gab, krümmten sich die Buben lachend auf den Stühlen und Resi versuchte hektisch und abwechselnd ihre Zeigefinger in die schmutzigen Ohren der Buben zu stecken um das Schlimmste zu verhindern: das Seelenheil der Buben musste geschützt werden.
Was würde Caihume nur von ihr denken …sie würde Resi als Rabenmutter beschimpfen, ihr eine schlechte Ernte schenken oder noch schlimmer… ihr schöner (und einziger) Hut könnte gestohlen werden.

„Jaaahhaaaaaaa, ich grabe mich soooooo laaangsaaaamm durch Mutter!“, brüllte Lenz zurück während er in mitten von vergilbten, halb zerfressenen Mottenkugeln, verstaubten Kleidungsstücken, zerbrochenen Tonkrügen und geöffneten Holzkisten saß. Selbst er sah bei genauerer Betrachtung wie ein Relikt aus Urzeiten aus. Grau gepudert vom Staub der Äonen, geschmückt von mannigfaltigen Spinnweben deren Architekten panikartig das Weite suchten.

Bei jeden Handgriff den er tat, puffte eine weitere Staubwolke auf und legte sich sanft auf die wertlosen, archäologischen Funde. Während er sich gewissenhaft durchwühlte, fand er Etwas, dass er vor längerer Zeit beim Angeln fand: eine Flaschenpost.
Sie war sehr schön! Grün und sehr bauchig. An der Außenwand hatten sich winzige Korallenansätze und herrliche Muscheln gebildet und selbst nach längerer Trockenlagerung konnte man Algenschlingen um die Flasche erkennen. Ob Wiartha selbst dieses herrliche Gebilde gemacht hatte?

Nun, den Inhalt, der einst darin war, hat sie mit Sicherheit nicht selbst ausgetrunken. Hier hatte bestimmt der Gott der Trunkenbolde, Gerum, seine Hand im Spiel gehabt, dessen war sich Lenz sicher, ja so ziemlich sicher. Vorsichtig wickelte er die Flasche in ein altes Leinentuch ein und verstaute sie sicher in eine Holztruhe auf der eingeritzt stand: nicht wegwerfen.

Nach und nach leerte sich der Dachboden und sah verhältnismäßig aufgeräumt aus. Lenz konnte zufrieden sein und Vater erst! Stolz eine gute Tat erledigt zu haben, betrat er die Stube um Meldung zu machen, dass alles fertig sei aber plötzlich fiel ihm noch etwas ein: in dieser Flaschenpost lag doch so eine kaum leserliche Nachricht.

„Mutter, ich bin fertig da oben“.

„Ja mein Sohn, ich weiß das du da oben fertig bist“, murmelte Resi gedankenverloren und schmeckte die brodelnde Kartoffelsuppe im Kochtopf ab.

„Mutter erinnerst du dich an die Flaschenpost und die zerfetzte Nachricht darin? Weißt du wo sie geblieben ist?“, hackte Lenz nach und griff zu einer krummen, mitleidserhaschenden Möhre.

Resi zuckte mit den Schultern ohne den Blick vom Kochtopf zu lassen.

„Vater hat sie sicherlich verbrannt. Was stand denn so Wichtiges darauf mein Junge?“.

„Naja, Vater meinte, es würden viele Gäste kommen.“

Resi lachte auf, drehte sich zu Lenz um und meinte mit mütterlicher Fürsorge:“Na, wenn das so ist, solltest du dich erst einmal waschen gehen“.
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Lenz Jauche13009. April 2022 19:36



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