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Die Geschichte eines Namenlosen Teil 1 (Ereignis)

Schatten im Licht
10. September 2010 22:24
Wie ein Schatten überkam sie ihn, Begleiter der Dekadenz, heimlicher Verfolger jener, deren Leben nicht die Unsicherheiten und Angst der Bauern kennt. Schon in seiner Heimat hatten sie ihn geplagt, die Geschwister mit zwei Gesichtern. Langeweile war die eine, lebensgefährliche Neugier die andre Schwester. Langeweile so schwer wie Blei, das jeden vernünftigen Gedanken lähmt. Das gleiche Verstreichen der Stunden, Tage gar Wochen und Monate zäh wie Honig und genauso klebrig. Er hatte es satt, das ständige Wiederholen des gleichen. Am Anfang begügte er sich noch mit dem Spass die Bediensteten zu schikanieren, doch mit der Zeit uferte dies immer weiter aus, unkontrollierbar. Es verschwanden die Bettler und fanden sich in den Folterkellern seiner Familie wieder um zu leiden um ihn zu unterhalten. Doch nach unzähligen Folternächten, welche er ohne das Wissen seines Vaters heimlich durchführt hatte, verloren auch die Hilfesschreie und gequälten Keucher der Geschundenen ihren Reiz auf ihn. Langeweile hießen die Steine aus denen sein Gefängnisturm gebaut war. Quälende dekadente Langeweile, die vielleicht nur durch den eigenen Tod durchbrochen werden konnte. Doch insgeheim befürchtete er, dass ihn nicht mal das aus seinem grauen Nebel reissen würde. Zu schnell, zu glatt, zu langweilig kam der Tod und nahm seine Opfer mit sich in Yahnes graue Hallen.

Getrieben von Langeweile, einem Gefühl das ihn mit einigen andren adeligen Freunden einte, hatte er mit ihnen gemeinsam jene Orte auf gesucht, von denen sein Vater ihn stets gewarnt hatte. Die Drohungen über Unheil und Rufminderung überging er ebenso wie seine Freunde. Sein Vater hatte sowieso nichts andres im Sinn als seine eigenen Ziele, in denen er nur ein weiteres Werkzeug war. Die Versuchung war groß gewesen dem Alltag zu entfliehen und sein Leben mit Aufregung, Besonderheit, Geheimnis und Gefahr zu füllen wie nie zuvor. Und so waren sie die Nächte heimlich aus gezogen, entflohen den steinernen Heimen, Schlössern und Burgen ihrer Familien um die Nacht zu erkunden. Wie unzählige Nächte davor waren sie unterwegs gewesen. Der Zug durch die Kaschemmen und Rattenlöcher er Stadt hatte sie halb erheitert und halb gegruselt. Die Nacht war schon weit voran geschritten und ein jeder von ihnen hatte von Wein, Musik und fleischlicher Genüsse sowie auch die verschiedenen „Wunder“-Kräuter genug genossen, dass es für drei Nächte reichen würde. Der Regen, welcher die Nacht gefallen war, hatte sie verschont und sich in der Zeit verausgab, als sie sich in den Gemäuern herumtrieben. Trunken meinte einer von ihnen lautstark grunzend, dass selbst das Wetter, gar Murranagh selbst sich ihrem Willen beugen und nur Regnen fallen lassen würde, wenn es sie nicht belästige. Wild grölend und taumelnd schritten sie, sich gegenseitig stützend die dunkle Gasse entlang. Die Wolkenfetzen am Himmel hetzten durch die Nacht und ein kalter Wind trieb nicht nur die Wolken sondern auch den Unrat in der Gasse vor sich her.

Das Kopfsteinpflaster glänzte leicht vor regennasser Feuchtigkeit als sich der Mond Trammel durch ein kleines Fenster in den Wolken schob. Die Blicke, welche sie verfolgten, nahmen sie nicht wahr. Wohl mag es daran gelegen haben, dass sie es gewöhnt waren, als Adelige vom Volk, angesehen zu werden oder auch einfach an ihrer rauschhaften Trunkenheit. Doch selbst wenn sie es bemerkt hätten, so würde wohl die kleine Gruppe nach Abwechslung lechzender Adeliger es nur mehr als kleinen Nervenkitzel genommen haben. Sie torkelten durch die Gasse und versuchten sich gegenseitig zu Überbieten in ihren Geschichten was sie wo mit welcher Frau getrieben hatten. Immer wilder wurden ihre bildhaften Beschreibungen als sie die Gasse hinunter traten. Nur hin und wieder unterbrach sich das laute Geschnatter und Gegröle, um die entstehende Stille mit Geräuschen des Würgens und Spuckens zu füllen, wenn sich einer der jungen Männer lautstark übergeben musste. Begleitet von Lobesrufen und Anfeuerung der Kollegen versuchten sie gar ein Wettspiel daraus zu machen. Wohl mochten es die exotischen Drogen sein, die ihre Sinne vernebelten oder aber diese waren durch das anhaltende Übergeben abgestumpft und liessen sie nicht den immer näher kommenden Gestank wahrnehmen.

Sie gingen immer tiefer in die Dunkelheit der Gasse, welche nur hin und wieder durch eine der spärlich aufgestellten Laternen durchbrochen wurde. Als einer der vier eine Bemerkung über den seltsamen Geruch fallen liess, zuckten die andren nur mit den Schultern und schon wurde die nächste Zotte kichernd losgebrüllt. Sie waren in der Gosse, im übelsten Viertel der Stadt wo, wenn nicht hier sollte es stinken wie in den Siechhäusern oder der Müllkippe. Feinstes Rosenwasser von Hildegunst Marmetz aus Yew konnte man hier wirklich nicht erwarten. Während sie noch großspurig mit Geschichten über ihre Potenz und Unmengen von Jungfrauen versuchten sich gegenseitig zu übertrumpfen schritten sie um eine Ecke.
Jäh erschrocken, fast schon ernüchtert stockte ihnen der Schritt als wären sie gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Aus dem Dunkel der Gasse schob sich eine schattenhafte Gestalt auf sie zu. Das Licht einer nahe stehenden Laterne warf einen Streif auf das Gesicht des Fremden und ließen den Blick auf ein Gesicht fallen, das von oben bis unten mit schmierig feuchten Verbänden bedeckt war. Unter der dicken Schicht der Verbände regte sich etwas, hob und senkte sich und es schien gar als krieche es zwischen den Lagen Mull und der fleischigen Haut hin und her um wie eine Made vom faulen Leib des Fremden zu fressen. Mit rasselnden Atem und feuchten Keuchen trat der Fremde auf die vor Schreck erstarrten jungen Adeligen. Nur ein kurzer Blick aus dem rechten Auge warf er über die Gruppe, während sich auf dem linken gelblich weisen Augapfel unzählige graue Würmer hin und her ahlten; dann hob er die Hand.
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