Willkommen! Anmelden Registrierung bei TheOldworld

Der Runenstein

Vlos'Drathir
08. Mai 2012 18:27
Viel zu lange hatte er einfach nur starr vor dem Objekt gestanden und ihn betrachtet, als könnte jederzeit weiteres Wissen aus ihm hinaussprudeln.

Seine Untersuchungen dauerten nun schon einige Narbondelzyklen an. Mit Sicherheit wartete die Herrin schon ungeduldig auf Ergebnisse. Gerne würde er sie einfach in Unwissenheit schmoren lassen, doch früher oder später musste er die Früchte seiner Saat ernten.

Er entschloss sich für das geringer Übel. So seine Ergebnisse der Herrin genüge taten, könnte er sich schon alsbald wieder seinen Studien im Turm der Magier widmen.

Mit einer plötzlichen Bewegung erwachte der Körper aus seiner Starre und ließ das Objekt in den weiten Ärmeln seiner Robe verschwinden. Mit nahezu lautlosen und fließenden Schritten eilte er aus dem Laboratorium auf die offenen Straßen der Stadt.

Nachdem er sich versichert hatte, dass am Eingang keine böse Überraschung auf ihn wartete, öffnete er seine rechte Handfläche. Bläuliche Funken stoben auf und formten sich zu einem Stab. Ein zufriedenes Lächeln, ein kurzes Aufblitzen seiner rötlichen Augen und schon bewegte sich die dunkle Gestalt flink durch die Straßen der Stadt.

Viel zu viel Fußvolk verbarg sich in den Schatten. Sklaven, die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben überleben wollten, Krieger, welchen es wohl ähnlich ging und andere schattenartige Wesen an die der Magier keinen Gedanken verschwendete.

Er fühlte sich sicher. Mit einem schlechten Attentäter würde er wohl fertig werden. Einen guten Attentäter würde er sowieso erst bemerken, wenn das Leben bereits aus seinem Körper gepresst wurde. Somit war jedwede Furcht fehl am Platze. Sollten ihn nur alle sehen und sich seiner Hochmut unterwerfen.

Es dauerte nicht lange und seine Herrin war gefunden. All sein Stolz, seine Eitelkeit, sein Hochmut schienen augenblicklich wie weggeblasen. Wie ein Häufchen Elend kniete er im Dreck, den Blick vor sich auf den Boden gerichtet, wartete er auf eine Aufforderung sprechen zu dürfen.

Hämisch grinsend ging die Herrin um ihn herum. Sein Körper spannte sich in Erwartung eines Schlages an. Sein Atem wurde immer flacher. Langsam setzte die Herrin einen Fuß vor den anderen. Er konnte ihre Bewegungen spüren, doch er vermochte es nicht ihren mentalen Zustand einzuschätzen.

„Sprich!“

Das Wort zerschnitt die sich aufbauende Spannung und traf den Magier wie ein Nadelstich. Er zuckte kurz zusammen, schloss die Augen und holte tief Luft:

„Herrin, ich habe die Untersuchungen des Runensteines abgeschlossen.“

Der Magier hielt inne und versuchte die Reaktion abzuschätzen.

„Das ist schön für dich. Soll ich das Ergebnis etwa mit meiner Klinge aus dir herausbohren oder spricht er von alleine weiter?“

Die Herrin stand nun wieder direkt vor ihm und blickte verächtlich auf ihn hinab. Die Arme verschränkt. Ein Zeichen dafür, dass sie nicht wirklich verärgert war, sondern nur mit ihm spielte.

„Es handelt sich um einen Stein der Harglukkin. Er besteht überwiegend aus Mithril. Die Runen auf der Vorderseite sind in etwa mit Naut Alu, auf der Rückseite mit Duul'sso Alu vergleichbar. Dieser Runenstein kann also in der Tat eine verborgene Tür in der Felswand öffnen, die tiefer in die Zwergenhöhle führt.“

„Um dies herauszufinden hast du so viel Zeit benötigt? Das hätte ich dir auch sagen können, als wir den Stein fanden. Deine Forschungen sind nutzlos für mich. Sorge dafür, dass sich das ändert!“

Der Handrücken der Herrin wurde heftig durch sein Gesicht gezogen, nachdem der Arm weit ausgeholt hatte. Er versuchte den Schmerz zu unterdrücken und es gelang ihm. Er war weitaus härtere Strafen gewohnt und dennoch hatte die Wucht des Schlages seinen Oberkörper in den Dreck befördert.

Er versuchte sich rasch wieder aufzurappeln. Er wusste, dass jetzt ein weiterer Schlag folgen würde, weil er den Befehl nicht abgewartet hatte, doch nichts geschah. Etwas verdutzt blickte er um sich, doch die Herrin war spurlos verschwunden.

Vollends richtete er sich auf, klopfte den Staub von seiner Robe und ließ den Blick umherwandern. Einige gefangene Dunkelzwerge waren am Rande der Schatten stehen geblieben. Sie mochten die Geschehnisse wohl mit Interesse beobachtet haben. Zornig glühten seine rötlichen Augen auf und die Sklaven verschwanden, so schnell es ihre Ketten ihnen erlaubten.

Das Gespräch war besser gelaufen, als er es sich erhofft hatte. Die Herrin wusste seine Fähigkeiten zu schätzen, ließ ihn in der Öffentlichkeit jedoch wie einen nutzlosen Stümper wirken. Er gab sich auch stets alle Mühe ihr Vorlagen zu geben.

Er lächelte in sich hinein, als er den Weg zum Turm der Magier einschlug. Die Rune war durchaus mehr, als ein schlichter Türöffner. Viele Folianten und Schriftrollen hatte er durchgesehen, um sich mit dem zwergischen Volk und deren arkanen Wirkungsweisen auseinanderzusetzen. Der Runenstein verbarg eine Kraft, die er selbst nicht einzusetzen wusste. Auch waren ihm Ähnlichkeiten mit den Runen der Artha'in bei seinen Forschungen aufgefallen. Es mochte vielleicht nur ein Zufall sein, doch eines war er sich sicher: die Herrin musste nicht immer alles erfahren.

Nun hatte er erstmal wieder viel Zeit, um sich seinen weiteren Studien zu widmen.
ThemaAutorAngesehenDatum/Zeit

Der Runenstein

Vlos'Drathir26708. Mai 2012 18:27



Aktive Teilnehmer


13 : 0 13 Gäste