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Vom Schnee, der Ehre und einem Schneemann

Lenz Jauche
26. Januar 2022 15:23
Die Fenster der Stube waren von wunderbaren Eisblumen geschmückt doch Lenz hatte kein Auge dafür denn absolut gelangweilt schaute er aus dem besagten Fenster hinaus und schnaubte.
Ach diese Langeweile war sowas von…langweilig.
Er hauchte gegen das eisige Fensterglas und malte Kringel auf dem sich ausgebreiteten Atem und beobachtete, wie sich sein Gemälde langsam auflöste.
Erneut schnaubte Lenz und stützte seinen Kopf auf die Hände, starrte auf den Hof und sah zum Schneemann herüber. Kurz musste er grinsen denn dieser Schneemann brachte vor wenigen Tagen Vater Kehrwichs Blut in Wallung.

Was war geschehen? Machen wir eine kurze Zeitreise in die Vergangenheit……

Cove erstickte förmlich vor Schneemassen und alle Kinder gaben ihr Bestes, den schönsten und größten Schneemann zu bauen. Selbstverständlich machten die Lenzbrüder mit denn es war eine Frage der Ehre, den Namen der Jauches in Cove zu festigen.

Emsig wie Bienen rollten die drei Brüder große Schneekugeln, stapelten sie auf und klopften den Schnee ordentlich an. Gut, der große Corpus, bestehend aus Kopf, Armen und einen dicken Bauch, stand wie eine Festung, wie ein Fels in der Brandung, wie die Cover Berge, wie eine alte Eiche, wie…. Vater der zähneknirschend das Ganze beobachtete.“Habt ihr nichts Besseres zu tun als diesen Blödsinn zu machen?! Die Schweine müssen gefüttert werden, der Hühnerstall schreit nach ausmisten und Holz muss auch noch gehackt werden!“, sprach Kehrwicht und stampfte quer über den verschneiten Hof. „Und keine Wiederrede!“, brüllte er nach.

Aus Spaß wird Ernst….jetzt begriff Lenz, was Mutter Resi immer damit meinte. Aber Lenz dachte nicht im Geringsten ans Ausmisten denn er hatte was viel Wichtigeres zu tun…die Ehre der Jauches sicher zu stellen und so sprach er zu seinen Brüdern:“ Geht schon mal vor, ich komm gleich nach“, und deutete mit seinem Daumen auf den ungeschmückten Schneemann.

Da stand Lenz nun mit dem Schneemann alleine und musterte ihn mit der Präzision eines Uhrmachers. Hier fehlte noch etwas Schnee, diese Ausbuchtung war zu viel, der Kopf drohte abzufallen, ein Arm war viel zu dick….. Nach einigen Verschönerungen war Lenz endlich fertig und absolut zufrieden mit sich und der Welt aber etwas Entscheidendes fehlte: die Bekleidung!

Hastig rannte er in das Haus, die steile Treppe hoch zum Dachboden und öffnete eine, von Spinnweben eingenommene Holztruhe. Darin lagen alte Kleidungsstücke, Sammelstücke aus längst vergangenen Zeiten, vergilbte Bücher und Holzspielzeug. Na, da würde er doch etwas finden, dachte Lenz und schnappte sich alles, was er für wichtig befand. Dann rannte er wie von einer Tarantel gestochen die steile Treppe hinab und blieb keuchend vor dem Schneemann stehen.

Schwungvoll ließ er alles vor dem Schneemann fallen und eine mächtige Staubwolke entfleuchte aus den alten Kleidungen. Zuerst muss ein Hut her. Ja, der mit dieser abgeknickten Feder war schön. Trostlos braun war er und der Ursprung dieser Feder war leider nicht mehr nachvollziehbar. War es Huhn? Habicht? Ente oder doch ein Büschel vertrockneter Petersilie? Egal, der Hut war klasse!

Lenz wühlte weiter im Kleiderwirrwarr und fand einen Schal aus Fell. War es Kanninchen, Bär, Troll? Egal! Motten hatten dort ihre Feste üppigst gefeiert und hinterließen zum Teil opulente Löcher außerdem stank dieses Fell muffig. Kurz rümpfte Lenz die Nase und drapierte vorsichtig den Schal um den Hals des Schneemannes.

So weit, so gut. Langsam nahm das Projekt Fahrt auf. Och, eine alte, gelbe Handtasche von Mutter Resi blitzte auf. Na wenn das kein Wink von Caihume war! Lenz schnappte sich das elende Stück und stülpte die Tasche um einen Arm. Die Tasche schwang leicht hin und her und der Verschluss öffnete sich.,Eine, von Panik getriebene Maus sprang heraus und verschwand im Schnee. Lenz schaute ihr nach und begriff, warum Mutter diese Tasche nicht mehr haben wollte. Diese Maus war Schuld!

Erneut griff Lenz in den Haufen der vor ihm lag und zog etwas Merkwürdiges hervor. Sicher hatte er es schon mal gesehen aber den Sinn hatte er bis heute nicht verstanden. Ein Ding mit zwei Trägern und zwei Hütchen. Außerdem waren noch zwei Bänder dran, die man irgendwie zusammen binden konnte.
Er überlegte und überlegte wo er es schon einmal gesehen hatte und nach einer Weile kam ihm der Geistesblitz von hinten. „Leeeeeeenz, sei so gut und ruf alle zusammen. Das Essen ist fertig!“. Mutter Resi stand am Fenster und rief ihm zu. Natürlich! Mutter trug dieses Ding immer unter ihren Kleidern.

Vorsichtig stülpte Lenz den vergilbten BH um den Schneemann und band eine kunstvolle Schleife am Rücken. Lenz hauchte in seine bereits erfrorenen Hände aber Aufgeben war keine Option denn schließlich fehlte noch das Gesicht. Voller Freude besorgte er sich die Zutaten und drapierte sie an die Stellen, die Sinn machten. Jaaaaaa, das war ein caihumegefälliger Schneemann! Lenz war zufrieden und nun konnte er Vater und seine Brüder zum Essen herbei rufen und dabei auf sein wunderbares Werk verweisen.

Lenz rief, die Brüder kamen herbei geeilt und Vater Kehrwicht kam mit großen Schritten angestapft.
Wie angewurzelt blieb er in einem Sicherheitsabstand stehen und man sah, wie die Zornesröte in seinem Gesicht empor stieg.“Was in aller Welt ist das da!?“, brüllte Kehrwicht und deutete auf den Schneemann als sei es ein Dämon der aus den tiefsten Tiefen des Cover Brunnens entstiegen wäre.
Lenz war sprachlos. Er hatte sich doch solche Mühe gegeben und das Gesicht so schön hergerichtet.

Die Augen bestanden aus formschönen Kohlestücken, die Nase war eine verrunzelte Möhre mit witzigen Wurzelresten und der Mund bestand aus zwei Hälften roter Beete. Der Arm, der die elende Handtasche trug, gab der Erdanziehung nach und fiel ab. In dem Moment watschelte die dicke Bäuerin Tress am Gehöft vorbei, schaute auf den Schneemann, stutzte und quietschte: „Na, da ist ja die gesamte Familie Jauche. Resi, du siehst wieder so abgespannt aus“, und watschelte schleunigst weiter mit einem lauten Lachen.

Lenz biss sich auf die Unterlippe, die Brüder liefen laut lachend ins Haus und Vater Kehrwicht ballte die Faust. Drohend schaute er zu Lenz hinab und donnerte:“Das Ding so wie es ist, will ich nach dem Essen nicht mehr sehen. Haben wir uns verstanden?“. Seine Augen kniff er zur Festigung seiner Drohung etwas zusammen und machte dann kehrt denn der Bratenduft war verlockender als den Hosenboden des Jungen durchzumangeln.

Tja. Mit einigen Griffen bekam der wunderschöne Schneemann eine neue, für Lenz absolut langweilige Optik doch insgeheim plante er den nächsten Schneemann und dieser Schneemann würde „zufällig“ der dicken Bäuerin Tress ähneln.

Kommen wir wieder zurück zum Fenster aus dem Lenz hinaus blickte.
Plötzlich verschwand die Langeweile denn eine wichtige Aufgabe wartete schließlich auf ihn… ein neuer Schneemann musste gebaut werden der täuschend ähnlich einer Bäuerin gleichen solle.
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Vom Schnee, der Ehre und einem Schneemann

Lenz Jauche13926. Januar 2022 15:23



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