Raynier de Larchant
15. Mai 2023 05:51
Auf der Suche nach Hinweisen auf den Ordo Militares Templi hatte Raynier auch die Archive der Städte Cove, Vesper und Minoc durchforstet.
Nun ja, soweit es solche Archive gab. Bestenfalls konnte man es lose Sammlungen von Dokumenten nennen, meist in chaotischem Zustand.
Dennoch hatte er einige Dinge zu Tage gefördert, unter anderem eine Verkündigung welche die Einheit der Götter Palanthor und Ayanyeh feststellte.
https://www.theow.de/boards/read.php?16,2952,2952#msg-2952

*Laut schallen die Worte des Ausrufers über die Marktplätze des Landes.*

Der Orden der Templer,Ordo Militaris Templi, tut euch hiermit folgend Kund und zu Wissen:

Seine Emminenz Kardinal Dechant vom Konzil der heiligen Kirche Ayanyehs stellte die Einheit der Götter Palanthor und Ayanyeh zweifelsfrei fest.

Aus diesem Grunde obliegt vom heutigen Tage an das Kloster der Ayanyeh zu Vesper dem Schutze des Templerordens.
Fürderhin wurde vom Konzil der heiligen Kirche der Ayanyeh die Ausübung und Vertretung des Glaubens in die Hände des Ordo Militares Templi gelegt.

In Übereinstimmung mit der Kirche bestimmte Lord Raynier de Larchant seine ehrenwerte Emminenz Pius von Thurant zum Abt des Klosters und Vertreter in Glaubensfragen.

*der Rufer legt eine Pause ein und versichert sich der Aufmerksamkeit des Publikums*

Doch höret, ihr rechtschaffenen Leut...

Großes Ungemach traf das Kloster, darob es in Stücken liegt.
Um baldigst wieder Messen und Hochzeiten feiern zu können, rufen die Templer die Handwerker des Landes und all jene die guten Glaubens sind auf, sich zum Wiederaufbau des Klosters zu melden.
Für das Wohl des Leibes und der Seele sei reichlich gesorget und die Werkstätten des Ordens werden ihr übriges tun.
Also meldet euch zahlreich ihr Leut!

Gepriesen Ayanyeh!
Gepriesen der Ordo Militares Templi
Gepriesen der Herzog

*langsam entfernt der Rufer sich, um an der nächsten Ecke erneut zu beginnen*
HÖRT, HÖRT IHR LEUT..................


Raynier hatte beim lesen dieses Dokumentes herzlich lachen müssen. Nichts war damals weiter von der Wahrheit entfernt.

Er dachte an die Worte des einstigen Großmeister Jaques de Molay:
„Nichts strahlt heller als das tiefschwarze Licht Palanthors und des OMT!“

Die Gottheit der Templer war und würde immer sein: Palanthor.
Palanthor, oder auch Baphomet, wie er in der uralten Sprache des Ordens genannt wurde, war der dreigesichtige Gott des Lichtes, der Wahrheit und des Gleichgewichtes.
Damit erschien er den meisten Menschen als eine sehr lichte, gute Gottheit, denn Licht, Wahrheit und Gleichgewicht erschien ihnen als etwas erstrebenswertes. Und der OMT tat alles in seiner Macht stehende um diesen Glauben zu erhalten, denn es nutzte ihnen in mehr als einer Weise in den Augen der Menschen als „gut und licht“ zu gelten.
Doch dabei übersahen sie einige wichtige Details: die drei Gesichter oder Grundsätze seines Glaubens, wie man sie den Adepten der Templer lehrte:

1.) Kein Licht ohne Dunkelheit, nur im Schatten strahlt das Licht, nur im Licht spendet der Schatten Kühle!
2.) Keine Wahrheit ohne die Lüge! Es liegt in der Natur der Wahrheit nicht immer angenehm zu sein. Die Lüge macht sie daher erträglicher und ist somit Diener der Wahrheit.
3.) Das Gleichgewicht erhält die Welt. Alles und Jedes strebt nach Ausgleich und Gleichgewicht. Die Pflicht jedes Gläubigen ist somit die Waagschalen in die nötige Richtung zu drücken.

Kennt und versteht man diese Glaubenssätze, versteht man dass der OMT und seine Templer alles andere als Gut und Licht waren und sind.
Sie sind stets auf den Ausgleich bedacht und schrecken vor wenig zurück um ihn herzustellen.
Raynier hatte diese Lehren schon früh verinnerlicht und die Lektionen Pyras hatten sie noch verstärkt. Wahrscheinlich hatten sie darum auch so gut harmoniert, denn die Schwesternschaft war in ihrer Lebensweise dem nicht unähnlich.
Darum hatte Raynier auch so lachen müssen, als er den Text gelesen hatte den der Ausrufer damals im ganzen Land verkündet hatte.
Die Wahrheit kannten nur die Wenigsten:
Die Templer strebten nach Macht. Damals war die Kirche der Ayanyeh stark und wurde von vielen Menschen verehrt. Außerdem verfügte sie über nicht unerhebliche Mittel, auf die Raynier ein Auge geworfen hatte.
Also wurde ein Plan entworfen wie man sich Macht, Vermögen und nicht zuletzt das Kloster der Ayanyeh einverleiben konnte.
Mit viel Geschick sponnen die Templer ein Geflecht aus Lügen und Halbwahrheiten und stellten gewisse Akteure gegeneinander auf. Immer im Dunkel oder bestenfalls im Halbschatten agierend, bemerkte keiner die Manipulation.
Alles gipfelte schließlich im Überfall auf das Kloster und dessen teilweiser Zerstörung.
Raynier hatte den Befehl damals nur widerstrebend unterzeichnet, doch hatte es sein müssen um die Ereignisse vollends in Gang zu setzen.
Das Volk und der Herzog hatten entsetzt auf die Zerstörung des heiligen Klosters der Ayanyeh reagiert und die angebotene Hilfe des OMT nur zu gerne angenommen. Ja, Herzog Leah hatte sogar Gottfried Bisol mit den Ermittlungen beauftragt, was im Grunde nicht dumm war, denn kein Mensch auf der alten Welt wusste besser was geschehen war als der Mann der alles geplant und ausgeführt hatte…
Raynier indessen war auf der diplomatischen Bühne aufgetreten, spendete große Mittel zum Wiederaufbau und bot den Schutz der Templer einem verzweifelten Abt an, welcher das Angebot nur zu gerne angenommen hatte.
De Facto kontrollierten die Templer damit schonmal das Kloster und die Effekten desselben.
Sie taten das mit solcher Hingabe und solchem Eifer, dass niemand etwas Böses vermutete, im Gegenteil, die Gemeinsamkeiten im Glauben an Ayanyeh und Palanthor wurden immer offensichtlicher und von den Leuten immer mehr wahrgenommen.
Bis auf einige wenige sah niemand wie sehr hier manipuliert worden war und wie sehr der OMT die Dinge hingebogen hatte.
Schließlich hatte Raynier die obersten Priester soweit gebracht ihm die Zusammenlegung des Glaubens vorzuschlagen. Er hatte all sein schauspielerisches Talent aufbringen müssen um seine Überraschung glaubwürdig wirken zu lassen.
Innerlich schallen lachend hatte er die Argumente von Kardinal Dechant angehört, welche er selbst dem alten Mann unauffällig über Tage eingeflößt hatte. Die Priester hatten den OMT nahezu angefleht einer Einheit des Glaubens zuzustimmen.
Raynier hatte sich sehr zögerlich gegeben:
„Werte Emminenz, bitte versteht doch: Solch ein Schritt kann nicht leicht gegangen werden! Bedenkt doch auch welche Pflichten der Orden der Templer damit eingehen würde. Wir waren immer freie Ritter, unseren eigenen Entscheidungen unterworfen. Stimmten wir euren Vorschlägen zu, so würde das bedeuten dass wir künftig verantwortlich sein müssten für den Schutz des Klosters.
Versteht mich nicht falsch, wir würden dies ohnehin und gern tun. Doch dann wäre es unsere heilige Pflicht und Aufgabe!
Und damit nicht genug, waren wir bislang nur für uns und die Gläubigen Palanthors verantwortlich, so würde künftig die Ausübung und Vertretung des Glaubens auch für die Gläubigen der Ayanyeh in unseren Händen liegen. Ich weiß nicht ob meine Brüder und ich einer solche immensen Verantwortung gewachsen wären!“
Der Kardinal und seine Priester hatten bedächtig genickt:
„Lieber Großmeister, lieber Raynier! Ihr wart uns immer ein guter Freund und eure schützende Hand lag stets über uns. Wir können euch nur bitten, ja anflehen, euch dieser großen Aufgabe zu stellen und die Verantwortung im Namen Palanthors und Ayanyehs und zum Wohle aller Gläubigen zu übernehmen! Wir alle hier setzen größtes Vertrauen in euch und eure Brüder!“

Zufrieden sah der Kardinal die ernsten Gesichter Rayniers und Gottfrieds und nahm das leichte Zittern bei den Männern wahr, das er der Ergriffenheit und Aufregung im Angesichte dieser Glaubensaufgabe zuschrieb. Er hatte gemeint sich mit diesem geschickten Schachzug eine Streitmacht für seine Kirche gesichert zu haben, die er nach seinem Willen lenken konnte.
In Wahrheit war das Zittern bei den beiden Templern das innerliche Gelächter und die Freude über den aufgegangenen Plan, den sie so trefflich gesponnen hatten.
Der Kardinal hatte ihnen mit seiner naiven Bitte seinen Glauben, seine Kirche und sein Kloster geschenkt.
Und eine der ersten Amtshandlung der neuen Herren des Ayanyehglaubens war es, die oberen Positionen der Kirche der Ayanyeh nach und nach auszutauschen.
So wurde recht schnell Pius von Thurant zum Abt des Klosters ernannt und damit auch zum obersten Vertreter der Kirche der Ayanyeh. Von Kardinal Dechant hingegen hatte niemand je wieder gehört. Es hieß er sei in ein fernes Kloster gegangen um dort seine Tage im Gebet zu verbringen…

Die Menschen im Land ahnten von all dem nichts.
Sie sahen den Glauben erstarken und erblühen und freuten sich an den Wohltaten welche von den Templern gern verteilt wurden. Ganz im Sinne des Gleichgewichtes strahlte das Licht, aus dem Dunkel in dem die Templer es entzündet hatten.
Nichts strahlt heller als das tiefschwarze Licht Palanthors!



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ThemaAutorAngesehenDatum/Zeit

Das tiefschwarze Licht Palanthors

Raynier de Larchant6215. Mai 2023 05:51