Ma Jaya rannte um ihr Leben. Irgendwo hinter ihr musste ihre Mutter sein, sie hatten sich gerade noch in die Augen geschaut, ein sekundenkurzer Blick war wie ein Blitz zwischen ihnen hin- und hergezuckt, dann hatte ihre Mutter das kleine Bündel gepackt, das sie immer bei sich trug und war losgerannt. Und Ma Jaya mit ihr, hatte sie schon nach zehn Schritten überholt und war seitdem gelaufen, wie sie noch niemals zuvor gelaufen war. Zur Quelle der singenden Windgeister, zu den Portalen, wenn sie es bis dahin schaffen würden... wenn...! Nur dann gäbe es vielleicht Hoffnung.

Hoffnung? Trotz der alles verzehrenden Kraftanstrengung traten ihr Tränen in die Augen. Es gab keine Hoffnung mehr. Alles Gute, alles Schöne und Helle und Lichte war zerstört worden, all ihre Freundinnen tot, verbrannt oder von Schatten verzehrt, Hoffnung? Nein, was Ma Jaya noch auf den Beinen hielt, war nur der Trieb zu überleben, der Trieb vor dem Feuer zu flüchten, der Angst zu entrinnen. Die Tränen nahmen ihr die Sicht, ließen alles verschwimmen. Ihre Füße strauchelten beinah, sie verlor an Geschwindigkeit. Nein, das durfte sie nicht! Sie mussten entkommen, sie und ihre Mutter. Ihre geliebte, wunderbare Mutter. Sie konnte sie nicht im Stich lassen.

Ein großer Feuerball schlug nicht allzu weit entfernt zwischen hochgewachsenen, schlanken Bäumen mit silbrig tanzenden Blättern ein, die im Bruchteil eines Augenblicks von hell lodernden Flammen verzehrt wurden. Neue Panik schoß durch ihre Adern, erfüllte ihre Ohren mit pulsierendem Rauschen und gab den vor Schmerz brennenden Beinen wieder Ansporn. Rauch begann sich zwischen den Stämmen auszubreiten, füllte ihre Lungen, brannte in ihren Augen und nahm ihr die Sicht. Doch ihre Füße kannten jeden Stein und jede Wurzel, waren zuhause auf dem weichen Waldboden, sie fanden ihren Weg von selbst. Da drang mit einem Mal ein Schrei durch das Sausen in ihren Ohren.

„Maaa Jaaayaaa!! Komm zurück!“

Sie blieb so abrupt stehen, dass sie durch den Schwung ihres rasenden Laufs beinah zu Boden ging. Doch ihr geübter Körper, der so sehr daran gewöhnt war, immer mehr von sich zu fordern als möglich schien, weil er doch nie genügen konnte, fing den Schwung ab.

Es war ihre Mutter, die gerade geschrien hatte. Ohne weiter darüber nachzudenken, machte Ma Jaya kehrt und lief zurück.