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Das Ende - Teil IV - Verstoßen (Erzählung)

Ma Jaya Manisz
24. April 2012 22:06
Sie stürzte einen Herzschlag lang ins Nichts hinein, dann prallte sie mit einer Heftigkeit, die ihr den Atem aus dem Körper stieß, gegen eine sich plötzlich vor ihr erhebende Felswand. Es gab keinen Halt und keinen Boden, und überhaupt war nichts so, wie es sein sollte und Ma Jaya rutschte, hilflos ins Leere greifend, am rauen, harten Stein ab. Hinunter. Der Stein, an dem ihr Körper entlang schlitterte, zerschrammte ihr die Arme und Beine, zerrieb das feine Fabrikat ihrer Kleidung, bis diese in Fetzen hing und ihr Kopf stieß immer wieder hart an scharfen Ecken und Kanten an, die sie, ohne auf die Schmerzen in den schon völlig zerschnittenen Hände zu achten, verzweifelt zu fassen versuchte.

Über sich hörte sie lautes, aufgebrachtes Gebrüll, etwas Schweres prallte gegen die Felswand, sie hörte es nur, unfähig sich dem Sog des schneller werdenden Falls zu entziehen, unfähig etwas zu denken, zu wissen, zu suchen, zu sehen, spürte sie kleine Steinchen auf sich niederprasseln. Von Oben. Etwas großes rutschte von dort auf sie zu, schneller als sie selbst rutschte es unaufhaltsam auf sie zu. Da prallte sie mit einem Mal fest auf nachgiebiges, biegsames Holz. Unter ihr. Bevor sie wieder zurück gefedert werden konnte, hatten sich ihre Hände schon mit aller Kraft daran festgekrallt, hatten sich ihre Beine schon zu einem festen Klammergriff um das holzige Etwas geschlossen, das ihr Körper instinktiv als Ast erkannte. Das was ihr da von oben nachkam, war ein Ork, Ma Jaya konnte ihn jetzt sehen, als er dicht neben ihr herabstürzte, weiter den endlosen Fels hinab, sah seine wild umher rudernden Pranken, in denen er etwas hielt, wie eine blutige Fahne, sah seinen zum Kriegsschrei geöffneten Mund, seine blutgierigen kleinen Augen, die ihren Blick kreuzten, für den Bruchteil einer Sekunde, das Bild mit heißem Eisen auf ihre zarte Seele brannten und sie verstand nicht, was sie sah, verstand nicht das spöttische Grinsen darin, alles ging viel zu schnell.

Schon war der Augenblick vorbei und unter ihr, weit unter ihr, erklang alsbald ein lauter Rums, gefolgt von einem grässlichen Krachen. Danach war es still. Ganz und gar still. Ma Jaya hörte nur ihren Atem und das wilde, unbändige Pochen ihres Herzens.

Der Ast, an dem sie sich festklammerte, wippte noch leicht auf und ab. Er gehörte zu einer kräftigen Bergkiefer, die sich klein und gedrungen an die Steilwand anschmiegte, die starken Wurzeln tief im Fels vergraben. Unterhalb der Kiefer lag der Abgrund, in den der Ork gestürzt war, steil fiel hier die Bergflanke ab, doch nur ein kleines Stück weiter zu ihrer Rechten begann das Gefälle sanfter zu werden. Dort wuchsen mehrere vereinzelte Bäume und auch dürres Gestrüpp war zu erkennen.

Ma Jaya spürte die Schmerzen ihres geschundenen Körpers nicht, die Schürfwunden und Schnitte, die ihr der Fels zugefügt hatte, waren ihr gleich. Sie war reglos und wie betäubt, nur einen alles verzehrenden Schrei spürte sie in ihrem Innern aufsteigen, fühlte nur die stoßenden Hände ihrer Mutter und das Gefühl verraten worden zu sein, denn wo war ihre Mutter jetzt? Jetzt, wo sie sie so dringend brauchte? Warum hatte sie sie allein gelassen? Warum war sie nicht mit ihr durch das Tor gesprungen? Oder war sie es vielleicht doch?
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