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Die Liebe am Wegesrand (Geschehnisse am 2. Abend der Woche)

Levana Rotfuchs
24. September 2020 09:15
Wieder einmal ritt Levana auf ihrem Lama Muck vom Lebensbaum in Richtung der Feste des Mondes. Sie hielt die Augen dabei geschlossen – auf Muck war Verlass. Die Erschöpfung überkam sie von Tag zu Tag stärker; mal nickte sie mitten am Tag einfach weg, mal geriet ihr Geist auf Abwege. Gerne wäre sie einfach beim Lebensbaum liegen geblieben, doch die Hoffnung gab ihr Kraft. Es war der Vorabend des Rituals: Vielleicht würde dies die letzte Nacht sein, die sie in seiner Nähe verbringen musste. Sie hoffte es inständig.

Auch heute legte sie am Strand von Vesper eine Pause ein. „Nicht mit fremden Walrössern sprechen“, scherzte sie müde Richtung Muck, nachdem sie – etwas ungraziös – von seinem Rücken gerutscht war. Dann schloss sie abermals die Augen und atmete das Salz in der Luft ein. Einen Moment lang ging sie in die Hocke, ließ die Hände über den Sand wandern, lauschte dem Meeresrauschen und spürte, wie der Wind mit ihren roten Locken spielte.

Sie öffnete die vom Schlafmangel geröteten Augen wieder, holte ihre Angelrute hervor und steckte eine Brotkrume an den Haken. Das Fischen gehörte zu ihren Lieblingsbeschäftigungen – einerseits beruhigte es ungemein, andererseits konnte man im Wasser neben schmacksamem Fisch die seltsamsten Dinge finden.

Sie hatte Glück; es gab einen Ruck und ihr Haken blieb an etwas hängen. Vorsichtig holte sie die Schnur ein und gab einen entzückten Laut von sich, als sie sah, was sie erwischt hatte: Ein kleines Modellboot, noch gut erhalten. Sie wickelte es in ein Tuch und dachte dabei an das kleine Mädchen, das sie an Caihumepreis gesehen hatte und das so liebenswürdig gewesen war. Ob ihr so etwas wohl gefallen würde?

Levana und Muck machten sich wieder auf den Weg. Kurz vor der Festung traf sie auf mehrere Menschen – darunter, sie glaubte ihren Augen kaum, Abee. Erfreut rutschte die Zigeunerin von Mucks Rücken und näherte sich dem Mädchen, um ihr das Boot zu schenken. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, als sie die Freude in Abees Augen sah. Das Kind strahlte so viel Wärme und Zuversicht aus, dass auch Levanas Lippen wie von selbst zu lächeln begannen.

Levana lud Abee in die Festung ein, doch das Mädchen führte sie stattdessen zu einem Baumstamm, wo sie ein kleines Feuer entzündete. Während sie sich unterhielten, stellte sie allerlei damit an, das Levana staunen ließ: einmal wurde das Feuer grün, einmal funkelte und glitzerte es in den schönsten Farben. Es war ihr unerklärlich, wie Abee das zuwege brachte.



Ebenso erstaunlich waren Abees Worte. Sie erinnerten Levana daran, dass sie im Hier und Jetzt leben musste – und sie machten ihr Mut. Der Mond würde morgen über ihr wachen und sie mit seinem Licht umarmen, erklärte das Mädchen. Tiefe Zuneigung erfüllte sie, als das Kind sie umarmte. Wohl bemerkte Levana, dass es keine Fußspuren hinterließ – doch es war ihr längst klar geworden, dass dieses Mädchen nicht gewöhnlich war.

Du liebst das Leben und das Leben liebt dich über alle Maßen, das waren ihre Worte gewesen. Und sie waren wahr.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 24.09.20 09:22.
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