Raynier de Larchant
02. Mai 2023 08:15
Einige Tage zuvor:

Raynier lag im hohen Gras und lauschte den Wellen, welche ans Ufer schlugen. Er genoss die letzten, warmen Strahlen der Abendsonne, obwohl seine Gedanken von Wut und Sorge um Laurent beherrscht waren.
Pyra schmiegte sich an seine Seite und überließ ihn wohlwissend seinen Gedanken. Er brauchte noch einen Moment. Sie hatten sich mehr oder minder schweigend begrüßt und sich dann an ihrem Lieblingsplatz niedergelegt.

Die Liebe zwischen Pyra und Raynier war nicht stürmisch oder romantisch über sie gekommen. Vielmehr hatte sie sich langsam eingeschlichen und sich auf eine seltsame, dem Leben der beiden geschuldeten Art, manifestiert.
Ihre Treffen waren häufiger geworden und irgendwann tauschten sie vertraute Blicke, ohne je etwas dazu zu sagen. Keiner erlaubte sich mehr, denn Liebe war nichts das in ihrem Leben Platz hatte.
Doch letzten Endes ließ sie sich nicht aufhalten und bahnte sich ihren Weg.
Irgendwann wehrten sie sich nicht mehr und ließen ihre Gefühle zumindest in der geheimen Welt ihrer Treffen zu. Pyra hatte ihm in einem einzigen Satz ihre Liebe gestanden und ihm erklärt, warum sie nicht sein konnte. Seltsamerweise hatte Raynier sie verstanden, denn auch er konnte sich nicht vorstellen, wie er seinen Brüdern erklären sollte, dass er die Tochter des Mondes liebte.
Also liebten sie sich im Geheimen und fluchten jeder für sich um die Bürde die ihre Leben so kompliziert machten.

„Laurent wird sich erholen. Aber es hat nicht viel gefehlt. Ayanyeh hat über ihn gewacht.“ Rayniers Blick folgte bei diesen Worten den Wolken über ihm, sein Tonfall war ohne jede Regung, stumpf von Trauer.
Pyra stützte sich auf einen Arm und sah ihn ernst und voll Sorge an:
„Es ist gut dass er überleben wird. Raynier…“
Er unterbrach sie:
„Du musst es nicht sagen, ich weiß es. Die Beiden konnten nicht helfen, offiziell sind wir nicht verbündet und ihr neutral.“ Raynier meinte es so wie er es sagte.
„Trotzdem tut es mir unendlich leid! Ich weiß, wie du zu Laurent stehst.“
Raynier wandte sich Pyra zu und küsste sie sanft auf die Stirn:
„Es ist der Preis den wir bezahlen, das hast du mich gelehrt.“
„Ja, das habe ich. Aber irgendwann wird der Preis zu hoch.“, erwiderte Pyra nachdenklich, „Vielleicht ist es an der Zeit.“
Raynier sah sie überrascht an.
Sie hatten sich vor einigen Wochen darüber unterhalten, wann der Zeitpunkt richtig wäre, die Heimlichkeiten zu beenden und einen offenen Bund zwischen Templern und Schwesternschaft zu schmieden. Politisch standen beide Seiten fest und sicher.
Ein solcher Bund würde die Verhältnisse auf beiden Seiten der Grenze stabilisieren und sicher auch im Sinne Kalen Leahs sein.
Sie waren sich einig dass es geschehen sollte, aber sie wussten Beide nicht wann, wie und nicht zuletzt was es für sie bedeuten würde.

Pyra setzte sich auf.
„Gor hat eine Grenze überschritten und uns die Entscheidung aufgezwungen. Die Schwestern sind von ihm und seinen Anmaßungen schon seit längerem nicht wirklich begeistert und würden ihn nur zu gern in die Schranken weisen, ganz unabhängig von euch.
Nur mein Befehl zur Neutralität hielt sie davon ab Laurent zu helfen, darum mache ich mir Vorwürfe.
Wir sollten also handeln bevor die Unzufriedenheit bei uns und bei euch zu groß wird und wir am Ende die Dinge nicht mehr in der Hand haben.“
Raynier nickte.
„Ja. Einige der Brüder werfen euch vor mit Gor insgeheim im Bunde zu sein um uns zu schwächen. Die Feindseligkeiten wachsen, von daher ist deine Befürchtung nicht unbegründet.“

Sehr geschäftsmäßig besprachen sie das weitere Vorgehen.
Sie würden zuerst ihre eigenen Leute einweihen und erklären, warum sie im Geheimen gehandelt hatten. Beide waren zuversichtlich auf Verständnis zu treffen, denn die Ergebnisse ihrer Handlungen waren nicht zu ignorieren und alle Seiten hatten immens profitiert.
Dann musste ein Weg gefunden werden wie man in der Öffentlichkeit auftreten und ein Bündnis schließen würde.
Das war komplizierter und sie diskutierten lang und ohne zu einem Ergebnis zu kommen.

Irgendwann unterbrach Raynier die fruchtlose Diskussion und sah Pyra lange an.
Sie wurde zunehmend unruhiger unter seinem Blick:
„Was?“, sie sah ihn herausfordernd an.
Raynier beugte sich vor, küsste sie und sah sie dann Ernst an:
„Es gäbe noch etwas zu besprechen. Etwas viel Wichtigeres.“
Pyra nickte:
„Und ich weiß ebenso wenig wie wir DAS lösen sollen.“
„Ich schon.“
„Ja, wirklich? Dann überrasch mich!“, sagte sie scherzhaft.
„Pyra, Tochter des Mondes, willst du mich zu deinem Mann nehmen?“
Raynier hatte seine Worte mit Bedacht gewählt. Er wußte dass Pyra niemals eine untergeordnete Rolle einnehmen und seine Frau werden würde, noch wollte er das. Er wollte eine gleichberechtigte Partnerschaft, so wie sie sie jetzt hatten, aber offen und ohne Geheimnisse.
Pyra sah ihn mit geweiteten Augen an, ihr Mund öffnete sich, dann verschloss sie ihre Lippen wieder.
Sie sah von ihm weg, dann wieder zu ihm und man konnte spüren, wie es in ihr tobte.
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