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Lamath î Feanturi – Stimmen der Elementarherren [I]

Silithil Nauralass
23. Februar 2021 22:36
Dichte Nebelschwaden krochen über den Boden des Taur-nu-Fuin und verschlangen jeden der spährlich vorhanden Pfade, die sich durch ihn hindurchschlängelten. Der Großteil dieses alten Waldes war eine seltsame, fast zwielichtige Welt, die nur in gedämpftes Sonnen- oder Mondlicht getaucht wurde, sofern es dieses überhaupt schaffte, das dichte Blätterdach zu durchdringen. Jene Region galt nicht nur unter anderen Völkern als verwunschen, sondern auch unter den Eldalië.

Im Dickicht dieser gespenstischen Welt irrte schon seit langer Zeit eine Golodh umher, deren einstmals ziesträbig gesetzten Schritte inzwischen immer zögerlicher wurden. Sie war von hochgewachsener, zierlicher Gestalt, kleidete sich in eine praktisch gehaltene Reiserobe und bedeckte ihr Haupt mit einer Kapuze, die ihr noch teilweise zusätzlichen Schutz vor den Witterungsverhältnissen bot. Die Nebelschwaden am Boden gerieten plötzlich in Bewegung und versetzten die Reisende in erhöhte Alarmbereitschaft. Sie hielt inne und ließ ihre tiefblauen Augen wachsam in ihrer näheren Umgebung wandern. Kaum einen Herzschlag später kündigte ein Aufheulen einen schlagartigen Windstoß an, der sie erfasst und von den Beinen riss. Sie landete zu ihrem Glück relativ sanft auf weichem, mit Moos bedeckten Untergrund, was ihr einige weitere Blessuren ersparte. Wenig später konnte die Golodh mehrstimmiges, sichtlich erheitertes Gelächter vernehmen, dessen genauen Ursprung sie im ersten Moment des Schocks jedoch nicht ausmachen konnte. Wo war sie da nur hineingeraten?

In ihrer Kindheit war die Golodh einst auf Tol-Ithildim aufgewachsen, einer weit entfernten Inselkolonie mitten im Aer î Elai. Dort lebte sie wohl behütet von jeder nur erdenklichen Gefahren oder Unannehmlichkeiten, unter dem wachsamen Blick ihrer Schwester Fuinsul im Haus Nauralass. Diese sorglosen Tage waren nun allerdings eine weit entfernte Erinnerung, die seit ihrer Zeit als Diplomatin des hohen Rats von Mârlanthir, immer weiter zu verblassen schien. Der vermehrte Kontakt mit den Amar-faer hatte ihren Alltag radikaler als jedes andere Ereignis in ihrem Leben zuvor gewandelt. Man sagte, sie seien die Kinder der Feanturi, machtvolle Geister die aus den Kräften entsprangen, welche die Welt einst formten. Zunächst waren jene Wesen noch ohne Vorwarnung immer öfter in ihrer Nähe aufgetaucht, beinahe als wären sie von ihr angezogen worden. In ihrem Hochmut fühlte sich die Golodh geschmeichelt und amüsierte sich an den Albernheiten zu denen einige der Amar-faer neigten. Mit der Zeit keimte jedoch der Gedanke in ihr auf, diese Geister als ihre Bediensteten zu nutzen. Fortwährend tätigte die Golodh, berauscht von der Idee einen solchen Hofstaat ihr eigen zu nennen, Versuche jenen Wesen ihren Willen aufzubürden. Dieses Unterfangen war allerings fortwährend zum Scheitern verurteilt und immer öfter wurde sie nun selbst Ziel des Schabernacks der Amar-faer. Mit anfänglich stoischer Entschlussenheit hatte die Golodh ihr Ziel über Monde hinweg verfolgt, schien sogar schon förmlich besessen davon zu sein, doch der Erfolg blieb weiterhin aus. Letztlich war es ihre eigene Sturheit und der Widerwille aufzugeben, die sie dazu verleitet hatten einigen der Amar-faer nachzujagen und die Marksteine zum Taur-nu-Fuin zu überschreiten.

Auf dem Moosbett liegend war die Golodh mittlerweile tief in Gedanken versunken und verharrte nahezu regungslos. Die Kapuze bedeckte nun nicht länger ihr Haupt und das silberne Haar war auf dem Untergrund wild aufgefechert worden. Es hatte die Goodh etwas Kraft gekostet weiterhin ruhig zu bleiben und die Fassung zu wahren, ungeachtet des Gelächters um sie herum. Seitdem die Reisende diesen alten Wald betreten hatte, war sie den Amar-faer tief ins Innere gefolgt. Langsam hatte sich auf ihrer Weise aber auch der Selbstzweifel an ihren eigenen Handlungen eingeschlichen, was die Golodh dazu veranlasste erste Umkehrversuche zu tätigen. Der Taur-nu-Fuin gab sie jedoch nicht mehr frei und nüchtern betrachtet hatte sie sich in ihm verirrt. Wie sah das bloß aus – Eine Golodh die sich im Wald verirrt hatte? Diese Schmach konnte und wollte sie zunächst nicht hinnehmen oder in irgendeiner Weise auch nur eingestehen. Sie hatte das Gefühl für Zeit gänzlich verloren und war mittlerweile nicht mehr in der Lage zu sagen ob es Tage, Wochen oder sogar schon Monate waren, die sie den Amar-faer nun folgte. An Umkehr war jedenfalls schon länger nicht mehr zu denken. Sie erduldete inzwischen all den Schabernack der Amar-faer, dessen bevorzugtes Ziel sie mittlerweile geworden war. Trotzallem waren es aber auch diese Geister, die dafür verantwortlich waren, dass in ihr noch ein Lebensfunke steckte. Nicht all ihre Späße dienten rein der persönlichen Erheiterung, sondern allem Anschein nach auch dazu, um die Schritte der Reisenden in die richtige Richtung zu lenken, oder das Überleben der Golodh weiterhin zu sichern. Des Nachts sorgten manche der Amar-faer beispielsweise dafür, dass ein Feuer brannte, um Wärme zu spenden. Am nächsten Morgen wurde die Golodh hingegen dadurch geweckt, dass eben die selben Geister, die sie umsorgt hatten, ihren Umhang in Brand steckten. Suchte sie hingegen eine Wasserquelle, so führten andere Featuri sie zu dieser. Sobald die Golodh sich allerdings innerhalb eines Sees wusch, waren jene Wesen meist sehr schnell damit beschäftgt, einen Strudel in dessen Mitte zu erzeugen, aus dem die Leidtragende nicht so leicht entfliehen konnte.

Etwas zupfte plötzlich an ihren silbernen Haarsträhnen und riss die Reisende aus ihren Gedanken. Wenig später spührte die das Tapsen zweier Füße auf ihren Bauch, was sie dazu veanlasste ihr Haupt anzuheben. Ihren Blick erwiderte der sich dort nun in einen Schneidersitz niederlassende Amar-faer damit, ihr gegenüber eine Grimasse zu schneiden. Es war ein Geist von zierlicher Gestalt mit graublauer Haut. Das Haupt des Wesens zierten zwei kunstvoll gewundene, schwarze Hörner und auf seinem Rücken befanen sich zwei Schwingen die er mittlerweile eingezogen hatte. „Ist es nicht genug für heute? Ich muss auch irgendwann wieder ruhen.“ Die melodisch wirkende Stimme der Golodh wirkte in ihrer Klangmelodie schon fast resignierend. Mit stechendem Blick musterte der Geist das von ihm auserkorene „Sitzkissen“ bei diesen Worten, während weitere der Amar-faer um sie herum in unterschiedlichsten Manifestationen in Erscheinung traten. Die tieflbaluen Augen der Reisenden wanderten nun etwas hektischer umher, ungewiss was nun wohl bei einem so massiven Auftreten dieser Wesen als nächste geschehen würde. Der auf ihr sitzende Amar-faer schüttelte schließlich sein Haupt und deutete mit seinem Zeigefinger auf einen Pfad, der sich vor ihnen auftat. Wenig später wurde diese Geste von jedem einzigen der Geister um sie herum ebenfalls getätigt, was wohl dessen Dringlichkeit nur untermalen sollte.

Vorsichtig versuchte sich die Golodh schließlich wieder aufzurichten, was den Amar-faer auf ihrem Bauch dazu veranlasste, sich aus seinem Schneidersitz zu lösen und mit einem Satz in die Lüfte zu erheben. Als sie wieder auf den Beinen war blickte sie sich etwas unsicher um, ehe sie den Fingerzeigt der Geister folgte. Gemessenen Schrittes, weiterhin umringt von den unterschiedlichsten Amar-faer, folgte sie einem verschlungenem Pfad der noch tiefer ins Innere des Waldes zu führen schien. Nach einer längeren Wanderung allerdings trat sie zumersten Mal nach langer Zeit aus dem Zwielicht des Taur-nu-Fuin, auf eine, von den letzten Sonnenstrahlen des Tages, erhellte Lichtung. Im Zentrum des Areals konnte sie einen großen, verfallenen Wachturm der Eldalië schließlich erspähen.Von Neugierde gepackt schritt die Golodh auf diesen zu und erkundete das Innere. Viel war nicht mehr von diesem Gebäude übrig geblieben und als Schlafplatz eignete er sich bei kritischerer Betrachtung auch nicht. Etwas unschlüssig sah sie zur Ansammlung ihrer Begleiter, die diesen Blick nur Kopfschütteln, Gekicher oder sogar einem Augenrollen quittierten. Schlagartig dämmerte es ihr und sie richtete ihre Aufmerkamkeit in die Ferne – Dort konnte sie die Türme einer Festung am Rande der verwunschenen Wälder sehen. Dies war der Pfad von dem sie gekommen war. Vor Vofreude übermannt erhellte ein Lächeln ihr Antlitz und sie wandt sich wieder zur Ansammlung der Amar-faer „Hannad dîn arond Amar-faer!“ Demütig verneigte sie sich noch als jene Worte über ihre Lippen huschten. Die Golodh eilte nun über die Lichtung in Richtung des in der Ferne erspähten Bauwerks, während die Geister ihr im gleichen Tempo folgten.

Kaum hatte sie die Lichtung verlassen und sich wieder ins Dickicht begeben, wurde dieses immer lichter, je näher sie der Wehranlage am Rande des Waldes kam. Sie musste zwar noch einen passablen Fußmarsch zurücklegen, aber letztlich hatte die Reisende endlich die Grenzen des Taur-nu-Fuin erreicht. Um sie herum hatten sich die unterschiedlichsten Amar-faer versammelt und blickten gespannt empor zu ihr. Die Golodh wandte sich nun wieder dem verwunschenen Wald zu und neigte zunächst das Haupt. Schließlich nahm die sie allerdings eine Hocke ein um sich den versammelten Geistern zuzuwenden. „Lasst ihr mich nun ziehen oder wollt ihr mich begleiten?“ Diese Worte kamen beinahe zögerlich über ihre Lippen, dennoch bemühte sich die Golodh ihre Stimmlage möglichst ruhig und einfühlsam wirken zu lassen, als sie sich an ihre Begleiter wandte. Plötzlich brach eine Art Freudentaumel unter den Geistern aus, die daraufhin heiter um die Golodh tänzelten. Erstaunt beobachtete diese jenes Schaupsiel und machte sich dann letztlich auf endgültig aus den Schatten des Taur-nu-Fuin zutreten. Je weiter sie sich von den verwunschenen Wäldern entfernte, desto mehr verschwammen die Konturen der Geister, bis sie letztlich für das bloße Auge nicht länger sichtbar waren. Sie hatte nun mehr als nur einen Reisegefährten gewonnen. Auch wenn diese meistens nur Flausen im Kopf hatten, so hatte sich der Golodh während der Zeit in jenen verwunschenen Wäldern gezeigt, dass sie von den Amar-faer einiges über die Kräfte die diese Welt durchflossen lernen konnte.

Sindarin – Deutsch

„Hannad dîn arond Amar-faer!“ – „Danke ihr edlen Geister!“
Eldalië – „Das Volk der Elben (allg.)“
Golodh/Gelydh – Hochelb(e)/Hochelben
Feanturi – Elementarherren (Herren der Geister)
Amar-faer – Elementargeist/Elementargeister
Mârlanthir – Die Quellstadt [Stadt der Elben]
Tol-Ithildim – Insel des Mond-Sternlichts [Verschollene Stadt der Elben]
Taur-nu-Fuin – Wald unter den Schatten [Verwunschene Waldregion nahe der Pforten nach Ost-Dúinath]
Aer î Elai – Meer der Träume
Noss Nauralass – Haus Flammenblatt



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ThemaAutorAngesehenDatum/Zeit

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